Indien,  Mai 2018
Indien, Mai 2018

Eurasia - Der Blog

Mit Rad und Rucksack durch Europa und Asien

Die Räder rollen

16.04.2013 von röbi

Die Bratpfanne ist verstaut, die Ersatzschläuche sauber aufgerollt, Zelt und Schlafsack haben ein Plätzchen gefunden und sogar ein paar Bücher sind in den Tiefen eines farbigen Packsacks verschwunden - wir haben es wieder einmal geschafft, unseren Reise-Haushalt auf die Velos zu laden und sind nun unterwegs!



Europawetter im Elsass

27.04.2013 von röbi

Die Wasserlachen unter den Liegematten werden ständig grösser, doch der Regen prasselt weiter gnadenlos auf unsere klitschnasse Zeltplane herunter.

Nach einer Fahrt durch den Schwarzwald via Schluchsee, Titisee und Freiburg i. Br. nach Offenburg, befinden wir uns nun auf der anderen Seite der Rheinebene am Rand der Vogesen und nach nur acht Radlertagen hoffen wir bereits zum zweiten Mal, diesmal auf dem Camping Municipal des idyllischen Städtchens Obernai, dass unser Zeltinhalt nicht im Wasser versinkt. Obwohl wir uns nicht gern von unserem bereits in die Jahre gekommenen Westwind von Northface trennen, sind wir uns nach diesen Erfahrungen einig: wir brauchen ein neues europawettertaugliches Zelt!

Outdoor mit Komfort

16.05.2013 von röbi

"Soll ich noch ein Joghurt aus dem Kühlschrank holen?" frage ich Dagmar. "Ja gerne!" Ich öffne den Reissverschluss des Zelteingangs und greife mir im Vorzelt eines der heute Morgen im Carrefour gekauften Heidelbeerjoghurts, das sich noch so kalt anfühlt, als käme es gerade aus dem Kühlregal.

Es ist schon praktisch, wenn beim Campieren Mitte Mai die Temperaturen draussen unter zehn Grad fallen, all unsere Vorräte bleiben problemlos tagelang frisch! Für die nötige Luftfeuchtigkeit ist auch gesorgt, denn draussen peitscht ein starker Wind in regelmässigen Abständen Regengüsse über unser neues Zelt. Dies stört uns jedoch nicht, denn wir sitzen nun im Trockenen bei angenehmen vierzehn Grad. Der Kauf des Nammatj 3 von Hilleberg hat sich gelohnt: wir haben mehr Platz, bei jedem Wetter genug frische Luft und, wie erwähnt, keine Pfützen mehr im Zelt. Damit blicken wir unerschrocken der Sommer-Campingsaison entgegen und freuen uns auf das weitere Europawetter - Hauptsache, die Joghurts bleiben frisch ;-)! (Pélussin, Frankreich)

Willkommen im Süden

31.05.2013 von röbi

"Complet" steht schwarz auf weiss auf dem grossen Schild vor der Réception des Campings in Vaison-la-Romaine. Ich kann es gar nicht fassen und frage nach, ob für ein kleines Zelt nicht doch noch ein Plätzchen frei wäre. "Non, Monsieur", lautet die Antwort. Zum ersten Mal in sechs Wochen müssen wir einen zweiten Camping ansteuern. Wir fahren zwei Kilometer weiter und bekommen auf dem nächsten Camping einen Platz zugewiesen, aber dieser hat keinen Schatten (ausgerechnet heute scheint mal die Sonne!) und kein Gras, nur ein paar dürre Hälmchen wachsen aus dem groben Kies. "Frag doch nach, ob wir den Platz nebendran haben können, der hat etwas Gras und einen Baum", meint Dagmar. Ich gehe zur Réception zurück. "Der Platz nebendran wurde vor zwei Minuten vergeben, tut mir leid, Monsieur." Gut, wir können wenigstens auf den Platz am Ende der Reihe wechseln, der hat zumindest einen halben Quadratmeter Wiese neben den Steinen. Wir stellen das Zelt auf, der erste Hering will nicht in den harten Boden, ich stosse mit dem Fuss nach und merke, wie das Metall sich verbiegt - willkommen im Süden! (Forcalquier, Frankreich)

Faire du vélo

03.07.2013 von röbi

"Ça c'est faire du vélo!" meint der Radsportler angesichts unserer schwer beladenen Drahtesel anerkennend zu seinen Kollegen, die wie er auf leichtgewichtigen, dünnbereiften Rennrädern unterwegs sind. Wir kurbeln sofort etwas schneller, denn solche Kommentare motivieren, vor allem wenn es eine Passstrasse hochgeht und wir nur im Schritttempo vorankommen und immer noch hinunterschalten möchten, obwohl der kleinste Gang schon lange eingelegt ist.

Das Schöne am Velofahren in Frankreich ist unter anderem, dass wir fast täglich in einer Art und Weise angefeuert werden, dass wir zwischendurch das Gefühl haben, wir seien in die Tour de France geraten. "Bonne route!" ruft die ältere Dame im Morgenmantel vom Balkon herunter, "du courage!" tönt es aus der Bikergruppe, die uns entgegenkommt, "allez!" muntert uns der Rennradler auf, während er mühelos mit rundem Tritt an uns vorbeizieht. Sogar Motorradfahrer und Carchauffeure winken uns, Wohnmobilisten grüssen uns mit Lichthupe und immer wieder kommt von einem Autolenker ein Daumen hoch. Da können wir nur sagen: "Merci la France!" und "Partageons la route et partageons la passion pour faire du vélo!" (Belmont-sur-Rance, Frankreich)

Überholt!

05.07.2013 von röbi

Kaum denken wir an die Tour de France, schon kommt sie um die Ecke und überholt uns. In Lacaune hatten wir heute das Vergnügen, zu erleben, wie man auch schnell velofahren kann.
Am Nachmittag postierten wir uns zusammen mit weiteren Schaulustigen am Eingang des kleinen Ortes im Languedoc und innerhalb von drei Minuten rauschte der Tross der hundertsten Tour de France auf dem Weg von Montpellier nach Albi an uns vorbei.
Morgen nehmen wir die Verfolgung auf ;-). (Lacaune, Frankreich)

Mit Rückenwind nach Barcelona

01.08.2013 von röbi

"Kreisel - Sandstrand - Kreisel - Jachthafen - Kreisel - Ferienresidenzen - Kreisel - Supermarkt", in dieser wiederkehrenden Abfolge erfahren wir die Küstenstrasse ab Calella an der katalanischen Costa del Maresme Richtung Süden. Seit zwei Wochen sind wir in Spanien unterwegs und nachdem wir die Geruhsamkeit der Pyrenäen hinter uns gelassen haben, radeln wir durch den Ferientrubel der Küste. Es ist Samstag und die spanischen Urlauber sind auf dem Weg an den Strand. Bewaffnet mit Sonnenschirm, Badetuch und Kühlbox betätigen sie die Ampelanlagen und stoppen gelegentlich unsere dank Rückenwind flotte Fahrt entlang der palmengesäumten Promenaden. Die einheimischen Radsportler, welche ebenfalls in Scharen unterwegs sind, nehmen es nicht so genau mit dem Rotlicht und zirkeln oft um Fussgänger und einbiegende Autos.

Wir treten jedoch, wie es sich gehört, erst bei Grün wieder in die Pedale und gegen Mittag erreichen wir schliesslich Barcelona und picknicken auf dem Mittelstreifen der schattigen Rambla Guipúscoa. Zum Dessert gibt es eine feine Honigmelone aus dem indischen Früchteladen gleich gegenüber.

Mit frischen Kräften kurven wir dann via Plaza Catalunya durch die Massen von Touristen ins Hafenviertel und bekommen gleich noch den Startschuss zu einem weiteren Rennen der laufenden Schwimmweltmeisterschaften mit. Zu Ehren der schönen Stadt, deren Sehenswürdigkeiten wir von einem früheren Besuch her kennen, leisten wir uns Café frappé und Cerveza. Auf welche haarsträubende Art und Weise wir dann die Hauptstadt Kataloniens wieder verlassen, möchte ich im Detail nicht beschreiben - das Wichtigste: Wir haben die Autovia C31 überlebt; hasta luego! (Playa Sant Salvador, El Vendrell, Spanien)

¡Fanta por favor!

12.08.2013 von röbi

Eigentlich wollte ich in Alborache, einem kleinen Ort 40 Kilometer westlich von València, nur anhalten, um die von der Nachmittagshitze ausgetrocknete Kehle mit einem Schluck Wasser zu kühlen, doch dann entdeckt Dagmar den Getränkeautomat am Strassenrand und der Fantadurst ist geweckt.

Wir kramen unser Euro-Münz hervor und füttern dem Freiluftkühlschrank schnell 1.20. Erwartungsvoll drücke ich den Knopf neben dem Bild mit der Fantaflasche. Nichts tut sich, das Ausgabefach bleibt leer. Stattdessen erscheint die Wirtin des Restaurants, vor dem der Automat steht, stellt zwei Gläser mit Eis und Limonenscheibe auf den Tisch beim Eingang und fragt, was wir möchten. "¡Fanta por favor!" Sie verschwindet kurz im Haus und kommt zurück mit zwei Büchsen des gewünschten Getränks sowie einem Plättchen mit Reis, Spareribs und Tomaten und wünscht "¡buen provecho (guten Appetit)!"

Ich nehme die 1.20 wieder aus dem Automat, dann setzen wir uns etwas zögerlich an den Tisch, trinken das eisgekühlte Fanta und beginnen zu essen. Wir haben den ausgezeichnet schmeckenden Reis noch nicht ganz vertilgt, da begrüsst uns schon die Tochter des Hauses und stellt mit einem verschmitzten Grinsen ein weiteres Plättchen, diesmal beladen mit Pommes frites und Pouletflügeli, und zwei Gläser mit kalter Tomatensuppe vor uns hin. Wir trauen unseren Augen nicht und murmeln mit vollem Mund ein "muchas gracias". Haben wir auf Grund unserer lückenhaften Spanischkenntnisse etwas Wichtiges verpasst oder sind vielleicht die Getränkeautomaten in Spanien immer mit einer Essensbestellung gekoppelt? Da man in der Wärme (es ist etwa 34 Grad) nicht nur trinken, sondern auch essen sollte, lassen wir den Dingen ihren Lauf und greifen weiter zu.

Aller guten Dinge sind drei: nun erscheint der Sohn des Hauses und bringt uns zum Dessert Erdbeermousse mit Rahm und erkundigt sich höflich, wie lange wir denn gebraucht hätten, um von der Schweiz bis hierher zu radeln. Wir geben Auskunft, er geht wieder ins Restaurant, und der Dessertteller ist schnell leer. Jetzt ist es wohl Zeit, die Rechnung zu begleichen. Ich gehe hinein und frage, was wir schuldig sind. "2 Euro 40", meint die Wirtin. Auf meinen wohl etwas ungläubigen Blick ergänzt sie, für das Getränk, das Essen sei spendiert. Es habe ihr Freude gemacht, uns zu bewirten und wir sollen doch wieder einmal vorbeikommen.

Bei so viel Gastfreundschaft können wir uns nicht verabschieden, ohne ein Foto zu machen, und wer mal in Alborache vorbeikommt - unbedingt beim Getränkeautomat vor dem Restaurante Abetos den Fantaknopf drücken ;-)! (Albacete, Spanien)

Nummer 1

02.09.2013 von röbi

Nichts deutete beim Verlassen von Cordoba darauf hin, dass es an diesem Tag passieren würde. Wir nahmen die angenehm ruhige N 432 in Richtung Granada und fuhren wie üblich auf dem recht sauberen Seitenstreifen. Doch kurz vor dem Etappenziel Baena verbiss sich ein Stück Draht derart kunstvoll ins Hinterrad von Dagmars Velo, dass innert Minuten sämtliche Luft aus dem Schlauch entwich - der erste Platten der Tour d'Europe war perfekt.

Nun durfte endlich ein Ersatzschlauch sein Können beweisen und die Pumpe, welche ich bis anhin nur zweimal hervorkramen musste, um sie Radfahrern in Not auszuleihen, die ansonsten jedoch mehr als viertausend Kilometer rein als Ballast mitgereist war, hatte ihren ersten grossen Auftritt. (Granada, Spanien)

Die Spitze Europas

18.09.2013 von röbi

Eine Moschee, ein Leuchtturm, ein Kinderspielplatz und ein Cricketfeld - so haben wir die Europa-Spitze, die 'Punta Europa' am südlichen Ende von Gibraltar, in Erinnerung. Gegen Mittag des 15. Septembers 2013 erreichten wir nach der Grenzkontrolle, der Traversierung der Flughafenpiste, welche kurioserweise quer über die Zufahrtsstrasse verläuft, und der Passage eines kurzen Tunnels diese Landmarke Europas unter britischer Flagge.

Nach fünftausend Kilometern, die uns immer weiter in den Süden brachten, werden wir nun bald unseren Kurs auf Richtung Norden ändern. (El Palmar, Spanien)

Hasta luego España

08.10.2013 von röbi

Pünktlich um halb eins legt die kleine Fähre vom Ufer in Ayamonte ab und beginnt gemächlich den Rio Guadiana zu überqueren. Nach elf Wochen Fahrt durch Spanien werden wir nun in fünfzehn Minuten das nächste Land unserer Europatour unter die Räder bekommen.

Wir verlassen Spanien mit dem Gepäck voller Erinnerungen an tolle Radstrecken in den Sierras, die uns zwar viel Schweiss kosteten, aber mit den Panoramen auf den Puertos und den rauschenden Abfahrten jede Anstrengung wert waren. Wir nehmen Bilder mit von endlosen Flächen voller Oliven- und Orangenbäume. Es bleiben die Eindrücke von schönen Städten mit ihren architektonischen Kunstwerken aus arabischer Zeit und von unvergleichlichen Ausblicken aufs Meer, sei es von einer Küstenstrasse aus oder aus dem Sand einer der vielen Strände am Mittelmeer und Atlantik. Und natürlich denken wir zurück an die sympathischen Spanierinnen und Spanier mit ihrem optimistischen "¡venga!" und kernigen "¡hombre!".

Die Viertelstunde ist um, die Fähre legt an. Nun ist es viertel vor zwölf - Olá Portugal! (Olhão, Portugal)

Weisse Dörfer - Schwarze Schweine

25.10.2013 von röbi

Nachdem wir uns am Cabo de São Vicente von der siebzig Meter hohen Steilküste davon überzeugen liessen, dass hier Europa wirklich endet, machten wir kehrt und steuerten unsere Drahtesel nordostwärts, weg von den Stränden der Algarve in die sonnenverbrannten Weiten des Alentejo.
Auf holprigen, oft von Eukalyptusbäumen gesäumten Asphaltstrassen, fuhren wir unzählige braune Hügel hoch und wieder hinunter. Wir übernachteten in Ourique, der Hauptstadt der schwarzen Alentejo-Schweine, welche wir unterwegs in Scharen unter Korkeichen weiden sahen. Wir suchten eine Unterkunft im scheinbar ausgebuchten Mértola, wo gerade die vierte Ausgabe des jährlichen Jagdfestes über die Bühne ging, und wir machten Pause mit einem Galão, der portugiesischen Version des caffè latte, vor den weissgetünchten Häusern des kleinen Ortes Mina de São Domingos in der Nähe der spanischen Grenze.
Dann holte uns in Serpa das Europawetter ein und seitdem bleibt uns nichts anderes übrig als abzuwarten - und Galãos zu trinken ;-). (Serpa, Portugal)

Fussballbanausen

02.11.2013 von röbi

"Könnte es sein, dass Ronaldo Portugiese ist?" "Warum meinst du, spielt der nicht in Spanien?" Ich schiebe Dagmar die Titelseite der 'Morgenpost' über den Tisch der Kaffeestube (schon wieder Galão...) von Benfica do Ribatejo, einem kleinen Ort am Ufer des Tejo, dem wir auf unserer Fahrt vom Norden des Alentejo nach Lissabon schon den zweiten Tag folgen. "Hier ist ein Bild von unserem Oberwalliser FIFA-Chef und darunter steht, falls ich das Portugiesisch nicht völlig falsch interpretiere, dass er Messi besser findet als Ronaldo und dies scheint dem Redaktor des 'Correio da manhã' ziemlich sauer aufzustossen."
Das war vor zwei Tagen und ich vergass, inzwischen meine grobe fussballerische Bildungslücke via Google zu schliessen, doch auf der heutigen, ersten Erkundungstour durch Lissabon wurde die Sache geklärt: Auf dem Weg ins Zentrum stiessen wir bereits am Anfang der Avenida da Liberdade auf eines von mehreren Plakaten. Cristiano Ronaldo ist definitiv Portugiese und der Beste der Welt - oder etwa nicht?
(Lisboa, Portugal)

Kurze Pause

20.11.2013 von röbi

"Wer viel Velo fährt, muss auch viel Pause machen!" Dieser weisen Erkenntnis folgend, unterbrechen wir nun unsere Europatour für etwa vier Monate, lassen die Räder stehen und verabschieden uns, inspiriert durch die portugiesischen Entdecker, denen hier in Lissabon am Ufer des Tejo ein Denkmal errichtet wurde, nach Indien.

Kommt alle gut durch den Winter! Wir freuen uns, wenn ihr im Frühling wieder dabei seid - bei der Fortsetzung von "Frisch aus der Lenkertasche". (Lisboa, Portugal)

Ein Start mit Stil

15.04.2014 von röbi

Das Schlafzimmer des Königs ist mehr als 200 Meter von demjenigen der Königin entfernt, dazwischen steht eine mittelgrosse Basilika, 1200 Räume gibt es insgesamt in dem aus Kalkstein errichteten Gebäude und die Bibliothek umfasst 40'000 Bücher.

Mit solchen Dimensionen befassten wir uns am dritten Tag unserer wieder gestarteten Europatour im Palácio Nacional von Mafra, einem Bauwerk, das der portugiesischen Königsfamilie zeitweise als Sommer- und Jagdresidenz diente.

Nachdem wir es auf wundersame Weise geschafft hatten, die Souvenirs unserer gelungenen indischen Winterpause in den bereits gut gefüllten Packtaschen zu verstauen, radelten wir zunächst von Alpiarça dem mit Reben gesäumten Ufer des Tejos entlang, um danach über eine unvergleichlich hügelige Landschaft bis zum beeindruckenden Königspalast zu kurbeln.

Heute machten wir nochmals eine Runde durch königliche Gemächer, diesmal in Sintra, und morgen nehmen wir Kurs auf die portugiesischen Alpen - die Serra da Estrela. (Sintra, Portugal)

Mittagswindmühlenexpress

22.05.2014 von röbi

"Wollt ihr sehen, wie sie läuft?" Wir schauen wohl ziemlich ratlos drein, denn der Mann, der wie aus dem Boden gewachsen auf dem Dorfplatz von Cela vor uns steht, zeigt nun nach rechts: "Die Windmühle, wollt ihr sehen, wie der Wind sie antreibt?"
"Oh ja, wenn es möglich ist...", erwidern wir mit vollen Backen, denn wir haben uns den schattigen Platz neben der kleinen Windmühle für die Mittagspause ausgesucht. "In fünf Minuten!", sagt er noch, dann ist er über die Strasse verschwunden.

Ich lege Brot und Schafskäse weg und hole die Kamera aus der Lenkertasche. "Frag, wozu die Tongefässe gut sind!", ruft mir Dagmar zu.
Es vergehen weniger als fünf Minuten, und Jorge ist da. "Windmühle!", sagt er im Vorbeigehen auf Englisch und bedeutet mir mitzukommen. Ich haste ihm nach und mache gleich ein paar Bilder von der typisch portugiesischen Mühle, wie wir sie entlang der Atlantikküste oft auf einem der vielen Hügeln sowie in zahlreichen Vorgärten als Miniatur gesehen haben.

Jorge ist inzwischen im Innern des runden Turms verschwunden. Ich treffe ihn unterhalb eines dicken Balkens, der sozusagen als Kupplung zwischen Windrad und Mühlstein dient. "Kaputt!", meint er achselzuckend. "Wird nächste Woche geflickt." Hmm, ich dachte, wir sehen die Mühle in Betrieb...na ja, Hauptsache, wir können mal eine Windmühle von innen anschauen.

Ich folge Jorge, der bereits eine Leiter hochgestiegen ist, und lasse mir das drehbare Dach und das Mahlwerk erklären, wobei er mich besonders stolz auf eine Raffinesse aufmerksam macht: ein Loch in der Mauer, das ermöglicht, die einzelnen Lagerrollen des Daches auszuwechseln - und schon ist er wieder im unteren Stock und kramt in einer Holzkiste. Er zeigt mir eine Handvoll vergilbter Fotos, auf denen die drei Windmühlen von Cela zu sehen sind, in welchen sein Grossvater als Müller gewirkt hatte. Eines der Fotos drückt er mir in die Hand, wir gehen nach draussen und er beginnt ein Segel zu setzen.

"Musica!", sagt er, ehe ich fragen kann, mit einem verschmitzten Grinsen und klopft auf die verschieden grossen Tongefässe, die in die Spannseile der Windmühlenflügel geknüpft sind. Das passt zu unserem Bild, das wir inzwischen von den Portugiesinnen und Portugiesen haben: sie lieben schöne Dinge, Kunst und Kultur. Somit ist es kein Wunder, dass die Windmühlenflügel zugleich als Musikinstrument dienen.

Das eine Segel ist gesetzt und sogleich kommt Bewegung in das Rad, doch Jorge stoppt es und zeigt entschuldigend nach hinten zum Turm: "Kaputt!". Dann muss ich, bevor er mit Dagmar ebenfalls den Rundgang durch die Mühle macht, ein Foto von ihr vor dem Segel knipsen.

Jorge führt uns auch noch durch das neue Gemeindezentrum nebenan, zeigt uns voller Freude die tolle Aussicht auf dem Dach und lädt uns danach an der Bar zu einem Espresso ein. Wir kriegen den Inhalt der kleinen Tasse nicht hinunter ohne uns die Zunge zu verbrennen, da verabschiedet er sich bereits mit einem Augenzwinkern und verschwindet um die Ecke. "Muito obrigado, Jorge!" (Brega, Portugal)

Alles Camino!

05.07.2014 von röbi

Es war im Schwarzwald, vor mehr als einem Jahr, als wir das erste Mal auf den Camino trafen. Eine flott ausschreitende Gruppe von Wanderinnen kam uns entgegen und im Vorbeifahren hörten wir die Frage: "Auch nach Santiago?". "Nicht direkt...", war unsere unverbindliche Antwort, denn so genau kannten wir damals unsere Route noch nicht.

Doch der Jakobsweg oder kurz Camino, wie er hier in Spanien genannt wird, sollte unser stetiger Begleiter werden. In Frankreich gehörte der Wegweiser mit dem Symbol der Jakobsmuschel oft zum täglichen Strassenbild, an der Grenze zu Spanien kreuzten Pilger mit schweren Rucksäcken unseren Weg und in Portugal folgten wir, ohne es zu wissen, ab Lissabon Richtung Norden dem portugiesischen Abschnitt des weit verzweigten Caminos de Santiago.

Nach 8'430 Kilometern war es dann soweit - wir erreichten den Platz vor der Kathedrale des Heiligen Jakobs von Compostela, und mit uns waren sie alle auch hier, aus Europa, Nordamerika und Asien: Wanderer und Mountainbiker, Eselstreiber und Autotouristen, Braut und Bräutigam, Priester und Nonne, Gaukler, Bettler und Musikanten. Ein spezieller Moment, sogar für uns 'Laien', die ohne Pilgerbrief in der Tasche den Wallfahrtsort angesteuert hatten.

Und seit Santiago ist der Pilgerweg, der zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, weiterhin mit uns: an der Küste Nordgaliziens, in den Tälern Asturiens und auf den Pässen Kantabriens - alles Camino! (Potes, Spanien)

Baskenbrücke

16.07.2014 von röbi

Robert aus Polen, der mit uns zusammen in einer kleinen Bar in Laredo bis zum erlösenden 1:0 für Deutschland ausgeharrt hatte (er hat sich ein Jahr frei genommen, um mit dem Fahrrad durch Europa zu reisen und leidet bereits nach einem Monat Unterwegssein an Heimweh), beschrieb sie uns als eine Art Skilift - die Brücke über die Bucht von Bilbao.

Wir konnten uns nichts Schlaues darunter vorstellen und erwarteten etwas wie eine Aarefähre, bis wir gestern am Hafen von Bilbao vor dem imposanten Bauwerk aus Stahl standen und uns selber ein Bild der 'Bizkaiko Zubia', wie diese einmalige Konstruktion aus dem 19. Jahrhundert auf baskisch genannt wird, machen konnten - und für 1.20 Euro auf die andere Seite schweben durften. (Bilbao, Spanien)

Lady Di's guter Geist

25.07.2014 von röbi

Zuerst ist nur sein Wagen da, dann kommt er selber auf den Platz vor dem Gemeindehaus von Sopelana: Joel Buton, Aktivist und Abenteurer, seit 1999 für diejenigen, die nicht mehr gehen können, zu Fuss in Europa unterwegs.

Er winkt und lacht, als er mich neben seinem Gefährt stehen sieht, schüttelt mir die Hand und sprudelt gleich los: "Ah, du kommst aus der Schweiz, dort will ich nun hin, nach Genf, um meine gesammelten Unterschriften zu deponieren". Gleichzeitig kramt er in einem Stapel von Dokumenten und reicht mir dann Notizheft und Schreibzeug.

Joel Butons Ziel ist es, Barak Obama dazu zu bewegen, endlich den Vertrag zum Verbot von Antipersonenminen zu unterzeichnen, und käme es zu einer Begegnung der beiden, so denke ich, würden Joels schalkhaft blitzende Augen, die absolvierte Strecke und die Unterschriften von über zweieinhalbtausend europäischen Gemeindevorstehern auch den Präsidenten der Vereinigten Staaten Amerikas nicht kalt lassen.

Uns jedenfalls beeindrucken seine 50'000 Kilometer zu Fuss und sein so einfaches wie effizientes Kommunikationskonzept: ein gewinnendes Lachen, Papier und Kugelschreiber - den Rest erledigen Journalisten, Fotografen, Reiseblogschreiber ;-), ... und Google. (Pamplona, Spanien)

9999+1

15.08.2014 von röbi

Vor zehn Tagen, ausgerechnet auf dem wohl holprigsten Abschnitt der 'Voie Verte de Chalosse', einem Radweg, der über ein ehemaliges Bahntrasse von Dax nach St-Sever führt, erreichte der Kilometerzähler unseres Velocomputers den Stand von 9'999.

Zur Feier der nun bald auftauchenden vielen Nullen haben wir den zehntausendsten Kilometer unserer Tour d'Europe auf Video - ungeschnitten und mit Originalton - festgehalten. Anschauen auf eigene Gefahr ;-). (Figeac, Frankreich)

Alpenfieber

18.09.2014 von röbi

Lange sah es so aus, als seien wir auf Kurs. Es ging quer durch Frankreich nach NORD-Osten. Wir rückten dem Kap also wieder etwas näher. Doch es wurde September und damit waren wir in einem idealen Monat, um eine Tour in Angriff zu nehmen, die uns schon beim ersten Durchblättern des Europa-Radführers in die Augen gestochen und im Kopf hängengeblieben war - die 'Route des Grandes Alpes' -, eine Strecke für Kurvensüchtige von Thonon les Bains nach Nizza. Der Entscheid war schnell gefällt: nochmals ab in den Süden, das Nordkap kann warten.

So befinden wir uns nun mitten in den französischen Alpen und kurven gemeinsam mit Radsportlern, Motorrad-Tourern, Camping-Car-Lenkern und Lamborghini-Club-Piloten über unzählige Serpentinen hoch und runter dem Mittelmeer entgegen. (Valloire, Frankreich)

Schon wieder Pause

30.10.2014 von röbi

Farbige Blätter wirbeln durch die Luft, in der Nacht nähern sich die Aussentemperaturen dem Nullpunkt, der erste Schnee liegt auf den Höhen, die Campingplätze schliessen - alles Zeichen, dass in Europa der Herbst eingezogen ist und damit für uns schon wieder eine Tourenradsaison zu Ende geht. Es ist Zeit, in ein Winterquartier umzuziehen. Da wir noch immer nicht genug haben von Bergen und Pässen, verabschieden wir uns diesmal Richtung Himalaya.

Hebet's guet und schaut im nächsten April wieder vorbei, wenn es weiter geht mit "Frisch aus der Lenkertasche". (Welschenrohr, Schweiz)

Zum Apéro ein Dessert

16.05.2015 von röbi

Das Zwitschern der Amseln, Drosseln, Finken und Meisen weckte uns aus unserem Velo-Winterschlaf und nach einer Folge sonniger Tage, die uns davon überzeugte, dass der Frühling nun wirklich einmarschiert war, beluden wir vor neun Tagen unsere geduldigen Stahlrösser und starteten in unsere dritte Europa-Velotour-Saison.

Der Anfang der Fahrt nach Westen, hinunter in die Gräben und hinauf auf die Höhen des Juras, forderte uns mehr als uns lieb war, die unsportliche Winterpause machte sich bei jeder Steigung deutlich bemerkbar. Doch sobald wir mehrheitlich auf flachen Kanal-Radwegen dem grünen Band des Doubs folgen konnten, schlugen trotz Katerstimmung in den Beinmuskeln unsere Fahrradherzen höher. Die Strecke zwischen Clerval und Dole war einmal mehr ein einziger Genuss und damit haben wir, was auch immer in diesem Jahr auf unserem Touren-Menü noch auftauchen wird, auf alle Fälle schon ein Dessert gehabt. Bon appétit! (Dijon, Frankreich)

Wir haben es auch gemacht!

07.06.2015 von röbi

Mehr als 800'000 Radlerinnen und Radler machen es jährlich, nun haben wir es auch gemacht: La Loire à Vélo!

Wir folgten den blaugrünen Schildern, welche oft einer Schnitzeljagd ähnlich, die Veloroute markieren, durch kleine und kleinste Gässchen mittelalterlicher Dörfer, rauschten über Nebenstrassen durch Gerstenfelder und Reben, kurvten auf schattigen Waldwegen durchs blühende Gebüsch, machten Pause in den Gärten imposanter Schlösser und holperten über grobes Kopfsteinpflaster auf die Dämme der Loire, die einmal majestätisch und ruhig, dann wieder verspielt und romantisch in ihrem, immer breiter werdenden Bett voller Sandbänke und Inseln, dem Atlantik entgegenfliesst. Zusammen mit den unverschämt laut quakenden Fröschen war sie Tag und Nacht unsere Begleiterin, von Briare bis in die Heimatstadt von Jules Verne, und die Strecke war ein derartiger Leckerbissen, dass wir am liebsten unsere Velos wenden und zurückfahren möchten. (Nantes, Frankreich)

Bretonische Hitze!

06.07.2015 von röbi

Bei angenehmen 25 Grad radeln wir unter einem strahlend blauen Himmel zum Supermarkt und machen eine Einkaufsrunde durch den unterkühlten Laden. Endlich an der Kasse freuen wir uns darauf, wieder an die Sonne zu kommen.

Die Kassiererin, dick eingepackt in eine Fleecejacke, wünscht uns: "Bon après-midi". "Pareillement, merci", antworten wir höflich. Sie darauf zufrieden: "Ah oui, on est bien ici, avec cette chaleur dehors!" Dazu wissen wir nichts mehr zu sagen und treten schaudernd hinaus in die Bretonische Hitze! (Roscoff, Frankreich)

100% pur beurre

06.08.2015 von röbi

Den Namen konnte ich auf Anhieb nicht entziffern, aber darunter stand "100% pur beurre". Es musste also etwas Feines sein und so bestellte ich in der Bäckerei nahe dem Campingplatz von Nantes zum ersten Mal - noch in Unkenntnis davon, dass es sich um DIE bretonische Spezialität handelte -, zwei Stück. Ich brauchte allerdings zwei Anläufe, denn so leicht brachte ich den Namen dieser Köstlichkeit aus viel Butter, Zucker und Mehl nicht über die Lippen. "Kouign amann", wiederholte die Bäckerin verständnisvoll und reichte mir meine Einkäufe über die Theke.

Uns mundete das Gebäck hervorragend und von da an verspeisten wir auf unserer ausgedehnten Tour durch die Bretagne unzählige Kouign amanns, in den unterschiedlichsten Varianten: helle, dunkle, knusprige, weiche, flache, dicke, warme, kalte, mit und ohne Caramelglasur, mit und ohne Puderzucker, aber immer mit viel reiner Butter.

Und so variantenreich wie die Kouign amanns waren auch die Velowege in der Bretagne, sei es auf ausgedienten Bahntrassen oder entlang von Flüssen und Kanälen, immer war für Abwechslung gesorgt. Dazu trugen auch die vielen soliden Steinhäuser mit den kunstvoll gefertigten Schieferdächern bei, die Gärten davor mit Hortensien in allen Zwischentönen von blau, weiss und rot geschmückt. Es lagen Häfen, Sandstrände und Flussmündungen am Weg, deren Charakter sich im Wechsel von Ebbe und Flut stetig änderte. Ein dynamisches Wetter, welches mehrmals am Tag innert Minuten von grauer Tristesse zu himmelblauer Fröhlichkeit und umgekehrt wechseln konnte, liess ebenfalls nie Langeweile aufkommen, und aus irgend einer Himmelsrichtung wehte immer eine frische Brise, so dass es uns trotz langer sonniger Abschnitte nie zu heiss wurde.

Und war mal der Kouign amann ausverkauft, gab es noch den Far breton, Gâteau breton, riesige Meringues, Macarons..., und für den grossen Hunger Moules frites oder Crêpes, dazu den obligaten Pichet Cidre und zum Dessert irgendetwas mit Caramel au beurre salé...

Auf den Punkt gebracht: Die Fahrt durch die Bretagne war für uns 100% pur beurre! (Quinéville, Frankreich)

Bienvenue chez les Ch'tis

26.09.2015 von röbi

Zuerst sah es so aus, als würde das schlechte Image, mit dem der Norden Frankreichs zu kämpfen hat, vollumfänglich bestätigt: es regnete, war kalt und grau, die Strasse wurde von riesigen Traktoren, die haushohe Anhänger schleppten, in ein Schlammbad verwandelt, Hochspannungsleitungen und Autobahnen durchschnitten das flache Land und am Horizont türmten sich die Schutthalden ehemaliger Kohlegruben.

Doch als wir vom Beffroi (Glockenturm) des Städtchens Bergues auf die schmucken Backsteinhäuser des herausgeputzten Ortes, welcher als Drehort für die erfolgreiche Filmkomödie "Bienvenue chez les Ch'tis" gedient hatte, hinunterschauen konnten, schien die Sonne wieder und wir erlebten von nun an den Norden als eine weitere sympathische Ecke Frankreichs, genau das, was der Regisseur des Filmes, Dany Boon, mit seinem Werk beabsichtigt hatte.

Vorbei an den Gänsen vor der Stadtmauer, die mit ihrem Geschnatter das Zehnuhr-Glockenspiel beinahe übertönten, zogen wir weiter durch die Region Flandern, die uns an der Grenze zu Belgien offiziell willkommen hiess. (Brugge, Belgien)

Wallonischer Radweg

09.10.2015 von röbi

Der Weg endete vor einem geschlossenen Tor, dahinter Berge von Glassplittern. Etwas ratlos kehrten wir zurück zur letzten Brücke und wussten nicht, ob wir nun das rechte oder linke Ufer des Kanals wählen sollten, um nach Charleroi zu kommen.

Ich wollte schon nach links losfahren, da entdeckte Dagmar am rechten Ufer die rettende Tafel mit dem wallonischen Kürzel RAVeL und dem Symbol der Eurovelo Nr. 3 darauf. Gespannt folgten wir nun den Schildern, die uns über einen ganz besonderen Abschnitt des Radwegs leiteten.

Zuerst ging es über ein Gewirr von Brücken und Kanälen durch suburbanes Niemandsland, danach fuhren wir mitten durch riesige Industrieanlagen, die teilweise stillgelegt, teilweise jedoch voll in Betrieb waren. Es donnerte, knallte, brummte und zischte auf beiden Seiten des Weges, eine Filteranlage passierten wir so nahe, dass wir nass wurden und wir fragten uns allmählich, ob Charleroi nur aus Kaminen und Fabrikhallen bestehe. Doch plötzlich war der Spuk vorüber, wir holperten an der letzten rostigen Förderanlage vorbei und fanden uns auf dem eleganten Quai de Brabant wieder, was für ein Kontrast! (Durbuy, Belgien)

Zugvogelwetter

25.11.2015 von röbi

Die sonnigen Tage des Novembers liessen uns fast vergessen, dass wir echte Zugvögel sind und in unser Winterquartier abfliegen sollten. Doch mit den ersten Schneeflocken kehrte die Erinnerung schnell zurück und damit ist es wieder soweit:
Nach einer genialen Rundfahrt durch den Nordwesten Frankreichs, Belgien und Luxemburg sind wir über den Ballon d'Alsace in unser bewährtes Basislager zurückgekehrt, lassen nun die Velos stehen und verabschieden uns Richtung "Incredible India".

Schon jetzt freuen wir uns darauf, im Frühling wieder in die Sättel zu steigen und eine weitere Ecke Europas zu entdecken. Wo es hingeht, erfahrt ihr wie gewohnt auf diesem Kanal. Händ sorg und bis zum nächsten Mal! (Welschenrohr, Schweiz)

Ab in den Sommer!

01.07.2016 von röbi

Der Duft von frischem Heu weht durch die Stube und wir nehmen es als Zeichen, dass die Regenzeit nun vorbei ist und wir uns erneut in den europäischen Sommer wagen dürfen.

Noch etwas beduselt von einer Überdosis Fussball-Fernsehen packen wir unsere bereits etwas angestaubten Velotaschen und machen uns startklar in Richtung Nordost.

Wir wollen der Birs bis nach Basel und dem Rhein bis zum Bodensee folgen. Dort werden wir uns dann ins Land des neuen Fussball-Europameisters begeben, sage ich als Fussball-Banause..., Dagmar würde lieber nach Island radeln!

Ab auf die Landstrasse, ab in den Sommer! (Welschenrohr, Schweiz)

Schwabenschikanen

16.07.2016 von röbi

Es wird uns nicht leicht gemacht, das Radeln in Schwaben. Zum einen sind da die Abhänge der Schwäbischen Alb, welche wir entlang der jungen Donau zwischen Tuttlingen und Sigmaringen möglichst flach zu queren versuchen, die uns dennoch immer wieder mit scharfen Aufstiegen und ebenso steilen Abfahrten, oft auf rutschigem Kies, arg ins Schwitzen bringen.

Sind wir dann mal wieder schön ins Rollen gekommen, stellen sich uns zum anderen plötzlich Fahrverbote in den Weg. Der Radweg führt mitten durch Grillbuden, mobile Bierstuben, Bänke und Tische und damit wir die verlockenden Düfte der Bratwürste und gegrillten Schweinebäuche, das Zischen der geöffneten Bierflaschen und das Sprudeln der Zapfhahnen auch richtig mitbekommen, müssen wir absteigen und unser Fahrzeug durch das Festgelände stossen. Es ist schwierig da nicht schwach zu werden und sich am Ende der Bierstrasse wieder in den Sattel zu schwingen.

Doch wir haben alle Schwäbischen Schikanen gut gemeistert und sind nun in Bayern. (Neustadt a.d. Donau, Deutschland)

Bier, Barock und Blaue Zipfel

12.08.2016 von röbi

"A U" ist nicht etwa die Abkürzung einer neuen Partei Deutschlands, sondern die kürzeste Version, wie man sich in Franken ein Getränk bestellen kann. Serviert wird, falls die Bestellung mit korrektem fränkischem Akzent ausgesprochen wird, ein ungespundetes Bier, ein Bier mit wenig Kohlensäure, da während der Gärung kein Zapfen im Spundloch war. Diese biertechnische Finesse lernten wir gegen Ende unserer Fahrt entlang des Mains in Bamberg kennen. Ganz nebenbei wurde uns zudem bewusst, dass Franken ein Teil von Bayern ist, und dass es somit nebst der weltbekannten Weisswurst noch Unmengen anderer beliebter Würste in Bayern und speziell im Frankenland gibt, denn praktisch jeder Ort hat sein eigenes (geheimes) Bratwurst-Rezept. Eine Spezialität sind "Blaue Zipfel", Bratwürste, die in einem Sud aus Zwiebeln, Essig und Weißwein zubereitet werden.

Bei diesem wahrhaft üppigen kulinarischen Angebot während unserer gesamten Fahrt durch Bayern fiel es uns oft schwer, auch noch auf die architektonischen Leckerbissen zu achten. Die vielen barocken Kirchen links und rechts des Radweges hätten oft bedeutet, einen Abstecher machen zu müssen, aber es gab auch Schmuckstücke, die uns direkt vor die Füsse fielen, wie das alte Rathaus von Bamberg.

Seitdem wir uns in Bischofsgrün (nordöstlich von Bayreuth) vom Main verabschiedet haben, folgen wir Hügel auf, Hügel ab, dem Lauf der Saale, die uns immer mehr von der barocken, bayerischen Üppigkeit weg und hinein in den Freistaat Thüringen führt. (Ziegenrück, Deutschland)

Tschüß Berlin

09.10.2016 von röbi

Erwartungsvoll rollten wir von Südosten heran, auf dem Spree-Radweg. Die Hauptstadt Deutschlands empfing uns im Görlitzer Park, Kreuzberg, mit Unrat auf den ausgedorrten Rasenflächen und mit Pissegeruch, der den ungepflegten Büschen neben den vergammelten Parkbänken entströmte - willkommen in der Grossstadt! "Na ja, das kann ja nur noch besser werden", dachte ich optimistisch, während wir den Spuren der Mauer Richtung Süden folgten. Doch am darauffolgenden Tag, beim Besuch des Zentrums, wirkte das Brandenburger Tor weniger imposant, als ich es mir vorgestellt hatte, der Potsdamer Platz erschien mir leblos und die berühmte Berliner Currywurst mussten wir im Vergleich zu den immer leckeren Thüringer Bratwürsten unter kulinarischer Kuriosität abbuchen. (Zum Glück gab es ein Berliner Kindl zum Runterspülen). Danach sog es uns in die sehr gut gemachte Ausstellung 'Topologie des Terrors', was begreiflicherweise die Stimmung unter dem trüben Septemberhimmel auch nicht heben konnte. Wat denn nu?

Wir probierten es am nächsten Tag mit dem Alexanderplatz - Verkehr kreuz und quer. Mit dem Spreeufer - überall Baustellen, noch mehr klotzige Gebäude sollen entstehen. Hinüber zum Bundestag - kalter Stahl und Glas, der Hauptbahnhof ein überdachter Grubenschacht mitten im Nirgendwo, nicht einmal die Schweizer Botschaft versprüht etwas Charme. Als letzte Hoffnung der Ku'damm - eine Aneinanderreihung der in aller Welt bekannten Boutiquen, dazwischen gesichtslose Gaststätten und weitere Baustellen.

Auf dem Mauerradweg fuhren wir weiter um die Stadt, die uns ihre Schokoladenseite nicht zeigen wollte. Macht nichts. Berlin, wir kommen wieder und spüren deine schönen Ecken auf - und falls wir sie erneut nicht finden, ist es ja nicht weit bis Potsdam ;-). (Ummanz, Deutschland)

Hallo Taxi!

06.12.2016 von röbi

Die in schrillen Farben üppig dekorierten und mit Fensterscheiben gefährdenden Musikanlagen ausgestatteten Fahrradtaxis in den Strassen von Melaka brachten die Erinnerung zurück: Wir haben uns ja noch gar nicht aus der Europa-Velotouren-Saison verabschiedet, höchste Zeit, dies nachzuholen!

Die Zusammenfassung der unüblich kurzen Saison: es war genial durch Deutschland zu radeln! Tolle Radwege führten uns durch einmalige Landschaften und sehenswerte Städte, beim Campen - sei es auf einem Fünf-Stern-Platz oder auf der Zeltwiese eines Ruderklubs - fühlten wir uns stets willkommen, und wir lernten die Menschen Deutschlands lieben, ihre Hilfsbereitschaft "Kann ich euch zeigen, wo es lang geht?", ihre direkte Art "Absteigen, dies ist Fussgängerzone!" und vor allem ihre Kunst, Lebensweisheiten in präzise Worte zu fassen "Wenn ich dir jetzt recht gebe, liegen wir ja beide falsch" oder "Ohne Orientierungssinn sieht man viel mehr von der Welt" (mein Favorit!). Unser rundum positives Erlebnis wurde auch stark vom Wetter beeinflusst. Wochenlang waren wir unterwegs ohne einmal nass zu werden und als es dann immer mehr Herbst wurde, fühlten wir uns trotz stürmischen Winden und horizontalen Regenschauern an der spektakulären Ostseeküste ganz in unserem Element, nämlich draussen zu Hause!

Nun gewöhnen wir uns schon während bald einer Woche an Temperaturen über 30 Grad, leben uns ein in die Leichtigkeit des Seins Südostasiens und vermissen bereits ein wenig unsere Velos. (Melaka, Malaysia)

Von der Winterpause in die Sommerferien

09.06.2017 von röbi

Die Velos verstaubten in der Garage, während wir per Schiff unermüdlich von Insel zu Insel hüpften, mit Bus und Bahn von Stadt zu Stadt brausten, und so von Singapur über Malaysia bis hoch in den Norden Thailands zum Goldenen Dreieck und wieder zurück Richtung Süden reisten.

Die durchwegs positiven Erlebnisse unterwegs, die sonnigen Gemüter - vor allem der malaysischen Bevölkerung - und das angenehme Klima haben uns bewogen, unsere fahrradfreie Winterpause etwas weiter auszudehnen. Für einmal kehren wir nicht nach Europa zurück um in den Velosattel zu steigen, sondern wollen den Sommer als Rucksacktouristen in Äquatornähe verbringen - seit gestern ziert ein zweimonatiges Visum für Indonesien eine Seite unserer roten Pässe.

Wenn wir schon unsere Fahrräder nicht bewegen, so soll doch wenigstens dieser Blog nicht ganz einrosten. Wir werden versuchen uns von Zeit zu Zeit wieder zu melden. Statt aus der Lenkertasche berichten wir an dieser Stelle nun (mehr oder weniger frisch ;-)) aus der Reisetasche! (George Town, Malaysia)

1° 33' N

26.06.2017 von röbi

Im Nordwesten der Insel Borneo, im Gebiet der ehemals fleissig Köpfe jagenden Iban, trennen uns nur noch 170 Kilometer von der imaginären Linie des Äquators. Während dem kurzen Flug von Kuala Lumpur hierhin fragten wir uns, ob wir nach der Landung wieder das uns bekannte Malaysia antreffen oder uns mitten in der Wildnis wiederfinden werden.

Doch auch in Kuching gibt es ein Chinatown und ein Little India - mit allem was dazugehört, und das alles schön aufgereiht entlang dem fotogenen Ufer des breit dahinfliessenden Sarawak Rivers. Ein erster Streifzug durchs Quartier förderte als kulinarische Entdeckung sogleich den 'Kek Lapis' zu Tage, eine lokale Kuchenspezialität, die bis aus dreissig bunten Schichten bestehen kann.

Dem "wilden" Borneo begegneten wir im ethnologischen Museum: von der Decke eines nachgebauten, traditionellen Langhauses der Iban baumelten die für rituelle Zwecke benötigten, vom Rauch des ehemals darunter brennenden Feuers geschwärzten menschlichen Schädel.

Trotz den ebenfalls im Museum gesichteten, furchteinflössenden Krokodil-Gebissen wagten wir uns in den Dschungel und trafen dort nicht auf die gefrässigen Räuber, sondern auf die nur in Borneo heimischen Nasenaffen, die auf der Suche nach frischen Blättern durch die Mangroven turnten. (Kuching, Malaysisch Borneo)

"Tütenhühner"

04.07.2017 von röbi

"Schön verpackt ist halb verkauft", denken sich wohl die Geflügelhändler im 'Sibu Central Market Complex', wickeln die lebenden Hühner in Zeitungspapier und fixieren die Tüte mit einer (farblich auf den roten Kamm der armen Vögel abgestimmten) Kunststoffschnur.

So präsentiert sich das Federvieh fein säuberlich aufgeschichtet den Kunden, die täglich in Scharen durch die Markthalle mit mehr als tausend Verkaufsständen im Zentrum von Sibu, einem geschäftigen Ort am Rajang River, strömen. Wer kann da widerstehen und möchte nicht zugreifen?

Und könnte es zudem sein, dass sich ein Huhn in der Tüte besser ins Hotelzimmer schmuggeln lässt...? (Sibu, Malaysisch Borneo)

Fliegende Frösche

17.07.2017 von röbi

Der Mulu-Flugfrosch, der im Gunung Mulu National Park entdeckt wurde, segelte uns während unserem Aufenthalt in diesem zum UNESCO Weltnaturerbe gehörenden Gelände nie um die Ohren, jedoch begegneten wir auf den Touren durch den tropischen Regenwald auf Schritt und Tritt bunten Krabbeltieren und die Vielfalt der Pflanzen brachte uns immer wieder ins Staunen. Besonders begeisterten uns die Urwaldriesen mit ihren gewaltigen Dimensionen.

Riesig war auch die Höhle, welche drei Millionen Fledermäusen als Zuhause dient und ganz speziell war es dabeizusein, wie Schwarm um Schwarm dieser kleinen Säugetiere gegen Abend in den Himmel stieg um auf Mückenjagd zu gehen.

Inzwischen fühlen wir uns selbst ein wenig als Flugfrösche, da wir morgen zum zweiten Mal innert weniger Tage mit einem kurzen Hupf durch die Luft von der Küste ins Landesinnere wechseln. Diesmal geht es ins Hochland nach Bario, um ein wenig "Old Borneo" zu erfahren. (Miri, Malaysisch Borneo)

Borneos Tip und Top

08.08.2017 von röbi

Mitten durch die der Küste vorgelagerten Ölförderplattformen schwankte die Fähre Richtung Insel Labuan. Hinter uns lag ein Kurzaufenthalt im Sultanat Brunei. Drei Tage verbrachten wir in Bandar Seri Begawan, der Hauptstadt des Landes, das zu den zehn reichsten Ländern der Welt gehört, und mussten feststellen, dass nur die vergoldeten Kuppeln der Paläste und Moscheen glänzen, der grosse Rest der Hafenstadt jedoch eher schäbig daherkommt. Trotzdem war Brunei ein Besuch wert, denn dort, wo es nicht glänzte und glitzerte, strahlten umso mehr die freundlichen Gesichter der Bruneiis und die morgendliche, rasante Fahrt mit dem Wassertaxi zur Uferpromenade der Stadt wird uns in bester Erinnerung bleiben.

In Labuan erhielten wir einen Stempel in unseren Pass, der es uns erlaubt, während weiteren 90 Tagen in Malaysia unterwegs zu sein. Das nutzten wir gleich aus und stiegen ins nächste Boot, das uns nach Kota Kinabalu brachte. Bei der Ankunft am Jesselton Point hatten wir den Eindruck, wir seien in Luzern und nicht in der Hauptstadt von Sabah gelandet, derart wimmelte es auf dem Landesteg von asiatischen und europäischen Touristen ;-).

Noch 25 Kilometer fehlten bis zum 'Tip of Borneo', dem nördlichsten Punkt der Insel, an dem sich die Wellen des Südchinesischen Meeres mit denjenigen der Sulu-See vermischen. Wir waren in Kudat, einer beschaulichen, sehr sympathischen Kleinstadt im Norden Sabahs, und studierten auf dem urchigen Markt, im Rauch der unzähligen Grillstände, die Gesichter, Kleider und Kopfbedeckungen des dort versammelten Völkergemischs.

Zweitausenfünfhundert Meter unterhalb des 'Top of Borneo' dem Mount Kinabalu (4'095 m), befanden wir uns am Eingang des gleichnamigen Nationalparks. Statt uns einer der vielen Seilschaften anzuschliessen, die in einem zweitägigen, anstrengenden Trek den Gipfel stürmten, begnügten wir uns mit einem Streifzug durch den Regenwald, der zur Abwechslung dank der Höhe nicht schweisstreibend, sondern eher erfrischend kühl war. (Sandakan, Malaysisch Borneo)

Bye Bye Nasi Goreng! Hello Nasi Goreng!

21.08.2017 von röbi

Um Viertel nach sieben klopft es an der Tür. Der freundliche Mann vom Empfang steht im Rahmen, als ich öffne, und reicht mir mit einem breiten Grinsen das grosse Tablett: "Breakfast..., Nasi Goreng..., free...".

Seit drei Tagen sind wir im "Mutterland" des 'Nasi Goreng', in Indonesien, und hier ist es Tradition, zum Frühstück die Resten den Vortages, Reis, Gemüse, vielleicht auch etwas Fleisch, mit süsser Sojasauce und irgend etwas Scharfem zu einem deftigen Gericht zu verarbeiten. Wir lassen uns den Reis und den Tee, der ziemlich stark nach Rosenblüten riecht, schmecken und stellen einmal mehr fest, auf wie viele Arten man 'Nasi Goreng' zubereiten kann. In Malaysia gehört 'Nasi Goreng' ebenfalls zum festen Bestandteil jeder Menükarte und war nach einer langen Bus- oder Schiffsreise oft unser erstes Essen am neuen Ort.

Der Wechsel von Malaysia nach Indonesien ist für uns mit viel Bekanntem (Essen, Sprache, Religion) verbunden, jedoch gibt es auch augenfällige Unterschiede. Im Hafen von Tawau verabschiedeten wir uns gewohnt ruhig und geordnet von Malaysia, organisiert fast wie an einem Flughafen, bei der Ankunft in Nunukan wurde es hektisch wie noch nie: Passagiere, Träger und junge Burschen, die sich ein paar Rupien verdienen wollten, stürmten das Deck des Bootes und rissen sich gegenseitig die Gepäckstücke aus der Hand, gleichzeitig musste man auf dem wackeligen Pier aufpassen, einander nicht auf die Füsse zu treten und nicht ins Wasser zu fallen. Wir schafften es, mit unserem kompletten Gepäck die Immigration zu erreichen, wo ich meinen Rucksack unter den Augen der kritischen Zollbeamten vollständig aus- und wieder einpacken durfte. Ein klappriger Minibus brachte uns schliesslich ins Stadtzentrum.

Nach dieser kleinen Einführung in den "Indonesian Style of Travel" erwartet uns heute Abend um neun Uhr die Feuertaufe aller Individual-Reisenden Indonesiens: Wir wollen in der 'Ekonomi'-Klasse eines PELNI-Schiffes durch den Archipel schippern. Die KM. BUKIT SIGUNTANG, wie alle PELNI-Schiffe vor vielen Jahren in Deutschland gebaut, soll uns in 25 Stunden nach Balikpapan bringen. (Nunukan Town, Nordkalimantan, Indonesien)

Göttergrollen

26.09.2017 von röbi

"Ich werde beten", sagt Desa, unsere Gastgeberin. Seit Tagen herrscht rund um den Vulkan Agung Alarmstimmung. Zigtausend Anwohner wurden evakuiert. Eine lange Serie kleiner Erdstösse machte klar, dass der Sitz der Götter Balis nach einem halben Jahrhundert Ruhe wieder erwachen könnte, um Feuer und Asche zu spucken.

In Ubud, 70 Kilometer westlich des Gunung Agung, deutet nichts darauf hin, dass der paradiesische Blick auf den kleinen, üppig grünen Garten unserer Unterkunft nächstens durch herabfallende Vulkanasche getrübt werden könnte.

Doch den Göttern ist nicht zu trauen. Schliesslich haben sie das Sagen auf der 'Götterinsel'. Vielleicht fühlen sie sich gestört durch den Lärm des überbordenden Verkehrs auf den Strassen, es könnte ihnen auch nicht passen, dass immer mehr Reisfelder verschwinden und dafür Häuser mit Swimmingpools gebaut werden, oder sie haben die Nase voll von den Horden Pauschaltouristen, die täglich im Strandlook durch ihre Tempel strömen...

Eine Gelegenheit, Einsicht zu zeigen und die Götter milde zu stimmen, wäre der Moment, in dem die ersten Restaurant- und Gästehaus-Besitzer realisieren, dass sie in ihren Werbeunterlagen die Korrektur "nice rice field view" vornehmen müssen. Oder ist dies Wunschdenken angesichts der Tatsache, dass die unzähligen Möchtegern-Taxifahrer nicht aufhören, uns "Transport, Transport" zuzurufen, während wir zu Fuss die stehenden Auto- und Scooter-Kolonnen überholen?

Wie auch immer, wir hoffen, Desas Gebete werden erhört. (Ubud, Indonesien)

Regen-Bisnis

12.10.2017 von röbi

Ein Wolkenbruch entlädt sich mittags über dem Zentrum von Jakarta. Wir unterbrechen unseren Stadtrundgang und flüchten unter das Vordach des Restaurants Garuda. Gäste, die ihr Mittagessen beendet haben, stehen vor der Tür und blicken bekümmert in den grauen Wasservorhang. Wie kommen sie trocken zu ihren parkierten Autos?

Wie aus dem Nichts taucht der Junge mit dem Regenschirm vor ihnen auf. Ein wohlgenährter Herr in traditionellem Hemd und Stoffhosen ergreift als erster die Gelegenheit, nimmt dem Jungen den willkommenen Regenschutz aus der Hand und verschwindet in den dichten Kolonnen des zähflüssigen Verkehrs. Der rosarote Schirm tanzt über die Wellen der dunkel glänzenden Autodächer bis auf die andere Seite der dreispurigen Strasse.

Triefnass kehrt der Junge kurz darauf mit seinem Regenschirm zurück, steckt der kleinen Schwester seinen Lohn zu und ist bereit für den nächsten Kunden - heute läuft das Regen-Bisnis! (Jakarta, Indonesien)

Vom Jet zum Tschutschu

01.11.2017 von röbi

Die ersten Stupas zeigten sich bereits während dem Landeanflug. Golden blinkte es aus den grünen Reisfeldern hinauf zu unserem Jet der Malaysia Airlines, der kurz darauf auf der Landebahn des Flughafens Yangon aufsetzte. Willkommen im Land der tausend Pagoden! Zügig ging es durch die Immigration, der Geldautomat spuckte ohne zu murren Kyats aus, die Rucksäcke erschienen auf dem Gepäckband, die Zollbeamten liessen uns unbehelligt ziehen.

Um vier Uhr nachmittags standen wir am Ausgang des Flughafengebäudes in der heissen Sonne. Zeit für einen Spaziergang. Auf der Karte hatten wir entdeckt, dass die 'Circular Line', ein grosses Gleisoval, das Pendler aus der Umgebung von Yangon ins Zentrum bringt, ganz nah am Flughafen vorbeiführt. Mit dem Ziel, den nächstgelegenen Bahnhof dieser Bahnlinie zu finden, marschierten wir los. Die Strasse wurde bald staubig, dafür gab es Schatten von Bäumen. In kleinen Teebuden wurde getrascht und gelacht, Jugendliche spielten intensiv Kickball auf einem grossen Platz, dem wohl noch nie ein Halm Gras entsprossen war. Gross und Klein schien mit sich beschäftigt und zufrieden, während wir zielstrebig um die Ecken bogen.

Eine halbe Stunde später sassen wir auf einer Bank der Station 'Pa-Ywet-Seik-Kon' und hatten ein Ticket für eine Rundreise auf der 'Circular-Line' in der Hand, für je 200 Kyats (ca. 15 Rappen). Zwanzig Minuten müssten wir warten, hatte uns die junge Frau, die sich um die Fahrkarten gekümmert hatte, in gutem Englisch erklärt.

Ein frisch frittiertes Stück Gebäck aus der Freiluft-Teestube gegenüber verkürzte uns die Wartezeit und schon bald kam Bewegung in die vielen Wartenden. Der Zug holperte in den Bahnhof und wir ergatterten uns einen gut belüfteten Fensterplatz im drittletzten Wagen. Ziemlich pünktlich setzte sich die Komposition in Bewegung und zuckelte, heftig schwankend, den nächsten elf Stationen entgegen. Eine Stunde später, die Sonne war gerade untergegangen, erreichten wir den Hauptbahnhof im Zentrum von Yangon - durchgerüttelt, aber glücklich! (Yangon, Myanmar)

Pagodenfieber

18.11.2017 von röbi

Gegen fünf Uhr nachmittags herrschte Stau auf den sandigen Pisten. Zu Fuss, auf Fahrrädern, E-Bikes, Pferdewagen, in Taxis, Kleinbussen und Reisecars strömten die Besucher der historischen Königsstadt Bagan zu den Sonnenuntergangs-Aussichtspunkten. Wir mussten die Staubfahne einer langen Kolonne von Pferdekutschen auf uns niedergehen lassen, bevor wir unsere gemieteten Fahrräder durch den tiefen Sand weiterschieben konnten. Zum Glück wurde der Weg bald wieder fester und wir erreichten die angepeilte mittelgrosse Stupa noch bevor die letzten, steil ansteigenden Backsteinstufen vollständig mit Aussichtshungrigen besetzt waren.

Die Sonne hielt sich dezent im Hintergrund. Der Rundblick auf die weite, mit vielen Bäumen und Sträuchern besetzte Ebene bildete dennoch einen würdigen Abschluss unseres ersten Tages auf dem eindrücklichen Gelände. In der Ferne erkannten wir die Umrisse der sieben Pagoden, die wir im Laufe des Tages besucht hatten und es wurde uns bewusst, dass wir am nächsten Morgen früh aus den Federn sollten: weitere 1'993 Bauten und (gefühlt) etwa gleich viele Souvenir-Shops warteten auf uns! (Nyaung U, Myanmar)

Happy Holy Days

10.12.2017 von röbi

In Kandy herrscht Feststimmung. Frauen, Männer, Kinder, in strahlend weisse Pilgergewänder gekleidet, rüsten sich vor dem 'Temple of the Tooth' mit Opferblumen aus und drängen sich danach dem Heiligtum zu, in welchem, der Legende nach, ein Zahn Buddhas aufbewahrt wird. Auf dem selben Platz fahren ganze Hochzeitsgesellschaften auf, um Fotos von ihrem festlichen Anlass zu schiessen, und ringsum sind Hotels, Restaurants und Geschäfte seit Tagen schon weihnächtlich dekoriert. Angesteckt von dieser allgemeinen Festlaune wollen wir nicht hintenanstehen und wünschen somit der ganzen Welt "Merry Christmas and a Happy New Year!" (Kandy, Sri Lanka)

Bonjour India 2018

03.01.2018 von röbi

Für den Jahreswechsel wollten wir uns etwas europäische Luft gönnen und reisten von Chennai mit der Bahn nach Puducherry, ehemals der Verwaltungsort einer kleinen französischen Kolonie. Noch immer gibt es in der inzwischen auf über eine Million Einwohner angewachsenen Stadt ein Quartier, das die Ambiance eines französischen Seebades ausstrahlt. Die Strassennamen sind französisch, die Polizisten tragen Képis im Stil von Charles de Gaulle, auf einem kleinen, sandigen Platz wird Boules gespielt und von vielen Gebäuden wehen Fahnen in "bleu, blanc, rouge".

Puducherry, im indischen Bundesstaat Tamil Nadu gelegen, ist auch für Ausflügler aus den umliegenden Staaten attraktiv und so wimmelt es über die Festtage von einheimischen Touristen. An der Saftbar, beim Warten auf den frisch gemixten Papaya/Orangen-Saft, fragt mich mein Sitznachbar, der mit ein paar Kollegen aus Andhra Pradesh angereist ist, ob ich ihm ein Restaurant empfehlen könne, in dem ein "French Breakfast" erhältlich sei. Anstatt ihn darauf hinzuweisen, dass er sich ein trockenes Croissant, einen bitteren Kaffee und eine Zigarette lieber nicht antun sollte, erkläre ich ihm, dass wir eher "South Indian Breakfast" bevorzugen (zum Beispiel "Pongal", einen schmackhaften Reisbrei, dazu einen süssen indischen Milchkaffee), und daher "no idea" haben, wo französisch gefrühstückt wird.

Am Silvesterabend mischen wir uns auf der für den Verkehr gesperrten Uferstrasse unter die zahllosen Flanierenden und bewundern die indischen Frauen und Mädchen in ihren schönsten Saris. Damit wir vor lauter "Frenchness" nicht etwa in Heimwehstimmung verfallen, prosten wir uns zum Jahreswechsel nicht mit Champagner, sondern schon ganz indisch mit einer Tasse Tulsi-Tea zu ;-). Am Neujahr sind wir bereits früh am Morgen wieder in den Strassen, um vor den Hauseingängen die frischen, mit Reismehl hingezauberten Mandalas zu bestaunen. (Chennai, Indien)

Holy Beach

17.02.2018 von röbi

An der Westküste des Subkontinents. 'Mother India' in Bestform. Der Weg zum Strand führt durch schmale, verwinkelte Gässchen. Kurzgewachsene, schwarze Kühe auf Futtersuche machen uns den Platz streitig. Vor den Eingängen der vielen farbigen Tempel wird es eng. Unzählige Gruppen von Pilgern rüsten sich für ihre 'Puja'. Je näher wir dem Strand kommen, um so vielfältiger wird das Angebot der kleinen Läden, die links und rechts die Strasse säumen. Die Sonne brennt immer stärker aus dem hellblauen Himmel herunter. Wir drücken uns in den Schatten eines Hauses und bewundern die Geschicklichkeit der beteiligten Männer, die mittels Balken und Seilen einen hohen Holzturm auf Rädern zusammenbauen. Daneben steht ein schon fertiger Wagen, bereit für das nächste grosse Fest. Dann sehen wir Palmen am Ende der staubigen Gasse und kurz darauf stehen wir am Stadtstrand von Gokarna. Ein Strand, heilig wie der ganze Ort, der täglich von hunderten von Hindu-Pilgern aus dem ganzen Land aufgesucht wird. (Benaulim, Indien)

The Indian Way

04.04.2018 von röbi

Von hinten wird geschubst und gedrängelt, vorne bewegt sich nichts. Zwanzig Meter unter uns fliesst das türkisblaue Wasser des Ganges mit Schwung das Tal hinaus. Die "Lakshman Jhula", eine der beiden Hängebrücken, welche die Ufer des Ganges nordöstlich von Rishikesh miteinander verbinden, schwankt nun bedrohlich, doch der Stau löst sich trotz dem Hupen der Scooter und dem Drängen und Rufen der dicht um uns stehenden Menschen nicht auf.
Ein Rindvieh, eine 'Holy Cow', ist schuld! Auch sie hat sich auf die 180 cm breite Brücke gewagt und scheint im Moment die Aussicht auf die umliegenden Berge zu geniessen, währenddessen eine Gruppe abenteuerlustiger, jedoch Kuh-ungewohnter Touristen aus Delhi sich nicht an dem stämmigen Tier vorbeiwagt. Während um uns herum weiter gedrängelt wird, überlege ich mir in westlicher Optimierungs-Denkart, wie man solche Staus verhindern könnte: "Ein Drehkreuz wäre doch eine gute Lösung, dann könnten die Rinder nicht auf die Brücke und die Scooter und Motorräder genauso wenig. Wer auf die andere Seite will, soll das gefälligst zu Fuss machen..." Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, denn vor uns kommt Bewegung in die Kolonne. Nun heisst es aufpassen, nicht überholt zu werden, sich nicht die Wade an einem heissen Auspuff zu verbrennen, in der Nähe der Kuh nicht in einen Fladen zu treten und ja nicht den dreckigen Schwanz ins Gesicht zu kriegen.
Sobald wir auf der anderen Seite wieder festen Grund unter den Füssen spüren, treten wir zur Seite, um die nachdrängenden Pilger, die geradezu von der Brücke sprudeln, vorbeizulassen. Na ja, wir sind wieder mal rübergekommen, nach indischer Methode halt, geht ja - auch ohne Drehkreuz ;-). (Rishikesh, Indien)

Bob Dylans Teebude

14.04.2018 von röbi

Bob Dylan soll hier seinen Chai geschlürft haben. Vor etwa fünfzig Jahren, als an Stelle eines solide ausgebauten Restaurants mit Hotel nur eine bescheidene Teebude den staubigen Strassenrand geziert haben soll. Wir versuchen uns vorzustellen, wie die amerikanische Musiklegende, so wie wir heute, durch den kleinen, an einen schmalen Bergrücken geklebten Weiler Crank's Ridge gestakst ist. Wie er zum Felsentempel 'Kasar Devi' hochgestiegen ist, vielleicht eine der vielen Glocken angeschlagen hat und danach den Blick über die sich im Dunst verlierenden Bergrücken und Täler hat schweifen lassen. Welche Zeile seiner unzähligen Song-Texte ist ihm dabei wohl zugefallen?
Wir schauen uns im Innern des Restaurants und auf der einladenden Terrasse noch ein wenig um, dann kraxeln wir auf einen mit Piniennadeln bedeckten Hügel und sehen uns am Panorama der schneebedeckten Gipfel des Uttarakhand Himalayas satt. (Almora, Indien)

Char Dham Yatra

29.05.2018 von röbi

Vor einigen Jahren sind sie uns in Rishikesh in die Augen gestochen. Die Bilder der Tempel von Badrinath, Kedarnath, Gangotri und Yamunotri. In Restaurants und Cafés oder in den Schaufenstern von Reiseveranstaltern begegneten wir ihnen auf Schritt und Tritt. Abgelegen sollen die Tempel sein, schwierig zu erreichen, über schlechte Strassen und oft nur zu Fuss, über eine lange Zeit des Jahres wegen Schnee gar nicht zugänglich, konnten wir im Reiseführer nachlesen. Informationen, die hängen blieben - da müssen wir hin!
Während drei Wochen haben wir nun die vier von den Hindus verehrten Stätten zusammen mit tausenden von Pilgern aus allen Regionen Indiens aufgesucht. Damit absolvierten wir die 'Char Dham Yatra' (vier Tempel Pilgerreise) von Uttarakhand, die uns mit vielen tollen Eindrücken belohnte! (McLeod Ganj, Dharamsala, Indien)

Schlussmantra

04.06.2018 von röbi

Mein Blick wandert vom Smiley auf dem frisch servierten Macchiato zum mit einem weissen Seidenschal umrahmten Portrait des Dalai Lama und bleibt auf dem Werbeplakat für Himachal Pradesh hängen. 'Close to heaven, down to earth' lautet der 'Claim' für den gebirgigen Nordindischen Staat, der uns im Moment beherbergt. Aus einem Impuls heraus tippe ich den Spruch in die Google-Übersetzer-App und das Ergebnis auf Deutsch lässt mich schmunzeln: 'Schließen sie den Himmel, bodenständig' steht da weiss auf blau. Ich schiele kurz zum Dalai Lama hinüber, der wie gewöhnlich spitzbübisch aus dem Fotorahmen schaut. Hat er uns nun einen Streich gespielt und uns ein Mantra für den Schluss unserer Reise offeriert, habe ich Google auf dem falschen Fuss erwischt oder liegt es am Cafe Illiterati, das mit Sprüchen wie 'THERE IS NO GOOD EXPLANATION FOR WHAT IS GOING ON HERE' dekoriert ist, dass so eine schräge Übersetzung auf dem Display erscheint?
Ich entscheide mich für die Mantra-Version. Hier in Dharamsala wird sich für uns ein Reise-Himmel schliessen, der fünf Jahre lang weit offen stand. In wenigen Tagen machen wir uns auf den Rückweg in die Schweiz und steigen damit wieder hinab in die bodenständige Welt des sesshaften Daseins. Anstelle von Radweg-Karten, Busfahrplänen und Stadtführern werden wir in Bälde seriöse Dinge wie Stellenanzeigen und Wohnungsannoncen studieren und in Zukunft vormittags vielleicht wieder brav auf einem Bürostuhl sitzen, anstatt in einem kultigen Café über Werbesprüche, Mantras und Google-Translate zu philosophieren.
Wir hoffen, es hat allen, die uns in die Lenkertasche geschaut haben, Spass gemacht, ein wenig mitzuschweben. Keep on smiling! (McLeod Ganj, Dharamsala, Indien)